Eine Mama fängt an, ihre Mama zu verstehen

Familienfeiern können ganz schön nerven, nicht wahr? Da sitzt man stundenlang zusammen mit Leuten, mit denen man zufällig verwandt ist, aber sonst nichts zu tun hat. Man führt oberflächliche Gespräche über Themen, die möglichst unverfänglich sind, stopft sich dabei mit Kuchen voll und ist insgesamt froh, wenn man wieder seinen Interessen nachgehen kann.

Ja, das kenne ich auch. Seitdem wir aber alle eine eigene kleine Familie haben, wir uns weniger sehen, und wir uns alle auf Augenhöhe austauschen können, genieße ich die Gelegenheiten, beisammen zu sein, wirklich sehr. Nicht erst seit Corona haben wir alle erkannt, was wir aneinander haben und was Familie wert ist.

Aber noch etwas hat sich mit dem Erwachsenwerden verändert. Als Kind fand ich – wie jede Heranwachsende vermutlich – so einiges echt ungerecht und blöd, was meine Eltern, und insbesondere meine Mutter, so gemacht haben. Meine Geschwister wurden manches mal bevorzugt oder mehr beachtet, es gab Regeln, die ich nicht nachvollziehen konnte und Gefühle, die ich nicht verstand.

Je mehr Zeit mit unseren Kindern vergeht, desto besser kann ich mich damit identifizieren wie meine Mutter gehandelt hat. Wenn sie nicht richtig zugehört hat, war ihr Kopf vielleicht voll mit all den Dingen, die sie noch organisieren musste. Wenn sie nicht aufmerksam genug war, war sie vielleicht zu sehr eingebunden in die Baustellen, die meine Geschwister gerade hatten. Und wenn sie unfair gehandelt hat, dann vielleicht, weil sie es in dem Moment nicht schaffte, ihre Kraft gerecht aufzuteilen.

Wir haben zwei gesunde Jungs mit guten Voraussetzungen, ihren Weg in dieser Welt zu gehen. Und schon jetzt ist es manchmal schwer, beiden gleich gerecht zu werden. Gestern gab es dann eine kleine Szene, die mir das mal wieder zeigte, auch wenn es vielleicht keine große Sache war. Wir waren shoppen gewesen und sowohl wir Eltern brauchten neue Schuhe, als auch unser großer Sohn neue Fußballschuhe. Irgendwann fing unser Kleiner bitterlich zu weinen an, dass er „schon wieder nichts bekommt“ und „immer alle anderen was bekommen“. So ganz stimmt das zwar nicht, aber ja, er wird zumeist einfach mitgeschleppt, hat noch kaum eigene Hobbies oder Verabredungen und bekommt meist die abgelegten Sachen vom großen Bruder. Das tat uns dann schon leid.

Diesmal jedoch durfte er auch was haben. Da der Große durch sein Hobby schon Fußballsachen hat, durfte nun der Kleine ein Trikot aussuchen. Netterweise wurde es sogar kostenfrei geplottet. Seitdem läuft unser Spatz mit stolzgeschwellter Brust durch die Welt, trägt ausschließlich sein Trikot und traut sich kaum, sich anzulehnen („damit die Schrift nicht abgeht“). Seitdem hat er kein einziges Mal gebockt oder herumgeschrien, um sich die Aufmerksamkeit zu sichern. Er wirkt zufrieden und ausgeglichen und ist deutlich kooperativer. Zumindest für den Moment :-).

Wie schön, dass es diesmal anders lief.

Habt einen schönen Abend

Alex

Kommentare


Benedikt
Benedikt am 21.05.2023 um 17:15 Uhr Antworten

Ein toller Blog, Alex!
Du bist eine starke Mutter und bist vielen ein Vorbild!

Paulii
Paulii am 21.05.2023 um 17:13 Uhr Antworten

Das ist ein wunderschöner Artikel. Du kannst sehr gut schreiben!! Hab dich lieb♥️


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