„Genieße die Zeit, sie ist so schnell vorbei!“

Gestern wurde ich das erste Mal auf meinen Blog angesprochen. Und zwar von einer Bekannten – Mutter bereits erwachsener Kinder. Eher beiläufig sagte sie: „Du klagst aber auf hohem Niveau. Genieße doch die Zeit, sie ist so schnell vorbei.“

Mir ist dieser Hinweis im Kopf geblieben. Genieße ich das Mama Dasein vielleicht wirklich nicht genug? Rege ich mich zu sehr über die täglichen Querelen auf? Sollte ich weniger danach streben, noch mehr zu sein als Vollzeit-Mutter? Wie sieht man diese Lebensphase, wenn die Kinder mal erwachsen sind?

Fakt ist: Rein organisatorisch reicht es in diesem Alter der Kinder völlig aus, sich voll und ganz auf sie zu konzentrieren. Wir machen uns das Leben nicht gerade einfacher, zerrissen zu sein zwischen Kinderbetreuung und Home Office, Arbeit und Abholzeiten. Oft führt genau das zu Überforderung, Stress, Gereiztheit und Ungeduld. Warum nehmen wir das in Kauf, wo wir doch so gerne Kinder wollten, sie lieben und unfassbar stolz auf sie sind? Warum streben wir dann noch nach anderen Dingen, wollen auch andere Rollen ausfüllen?

Für sehr viele Frauen ist eine Arbeit finanziell schlichtweg notwendig für das Familieneinkommen oder eine gewisse finanzielle Abhängigkeit gewünscht.

Aber darüber hinaus bin ich mit der Überzeugung aufgewachsen, dass ich alles erreichen kann. Das Leben hält so viel bereit, was mich als Person ausmacht. Wir sind Mütter, aber auch Kolleginnen, Freundinnen, Partnerinnen und letztlich Frauen. Ist eine dieser Rollen dauerhaft nicht im Gleichgewicht, fühle ich mich unausgeglichen und unzufrieden. Und darunter leiden dann wieder alle Welten, die mich ausmachen.

„Du kannst nur die Energie verteilen, die du dir selbst gibst.“ – dazu gehört für mich die Energie aus dem Familien- und Sozialleben, Partnerschaft, Beruf, gesunder Ernährung, Bewegung und ausreichend Schlaf.

Daher denke ich, können wir nicht jeden Tag feiern. Wir regen uns auch mal auf, wenn die Kinder ihre Grenzen austesten. Vielleicht wünschen wir uns zeitweise auch woanders hin, wenn wir den dritten Wäschekorb falten. Eventuell denken wir auch mal, wie viel einfacher manches in unserem „alten Dasein“ war.

Und dennoch genießen wir unser Leben genau so, wie es ist. Unsere Zwerge, die sich immer mehr zu Persönlichkeiten entwickeln, sind unser ganzer Stolz. Wir sind unheimlich dankbar, dass wir diese kleinen Menschen bekommen haben und an ihnen wachsen dürfen.

All diese ambivalenten Gefühle sind normal und gut, wie sie sind. Wir können sie zulassen und brauchen uns nicht für sie zu schämen. Wir sind eben auch nur Menschen – und zwar Menschen mit vielen Facetten.

Kommentare


Melanie
Melanie am 04.05.2023 um 12:24 Uhr Antworten

Liebe Alex,
ich habe mir heute endlich Mal Zeit genommen, deinen Blog zu lesen. Du sprichst mir aus der Seele und ich finde es wunderbar das zu lesen.
Ich denke oft daran das es anderen Mamas ebenfalls „so geht“. Spagat zwischen Beruf und Kindern, Eheleben und Sozialleben. Es ist oft nicht einfach … Aber gut zu wissen daß man nicht alleine damit ist. Auch Mal nicht die happiest Mom zu sein.

Sehr schön und ich freue mich schon auf deinen nächsten Artikel 🙂
LG Melli


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